Flensburger Tageblatt: Verbot – Wo das Smartphone in der Tasche bleibt
Der Kopf ist gesenkt, die Finger verrenken sich über dem Display und tippen Buchstaben und Zeichen in das Smartphone – solche inzwischen alltäglichen Bilder gibt es an der Struensee Gemeinschaftsschule in Satrup nicht mehr. Hier unterhalten sich die Schüler in den Pausen miteinander. Ganz real und ohne zwischengeschaltete Technik.
Die Schule im Kreis Schleswig-Flensburg hat für die Zeit zwischen Schulbeginn und dem Klingeln der Schlussglocke seit Jahren klare Regeln: „Die Handys müssen ausgeschaltet und unsichtbar sein“, sagt Schulleiter Maik Schulte. Wer sich nicht daran hält, wird sein Handy los – allerdings nur bis Unterrichtsschluss. Danach kann er selbst, beim zweiten Verstoß dann die Eltern, es abholen. Probleme gibt es kaum: „Die Kinder wissen das.“ Die Regeln sind in der Schulordnung festgeschrieben – und zwar nach einem Beschluss der Schulkonferenz, in der auch Eltern und Schüler ein Mitspracherecht haben.
Während nach einem Bericht des „Hamburger Abendblatt“ immer mehr Hamburger Schulen – wie das Wilhelm-Gymnasium in Harvestehude – ein Handyverbot einführen oder die bestehenden Regeln verschärfen, ist eine Regelung wie die in Satrup an vielen Schulen in Schleswig-Holstein seit Jahren gang und gäbe. „Das Thema ist ein Dauerbrenner“, sagt Helmut Siegmon, Vorsitzender des Philologenverbands Schleswig-Holstein. Von einem Anstieg von Verboten zum Beginn des aktuellen Schuljahres weiß er jedoch nichts. Auch die Schulämter in Kiel, Flensburg und im Kreis Schleswig-Flensburg schätzen dieses Thema zwar als stets aktuell, nicht aber als vorherrschend ein. Für eine solche Regelung sind jedoch auch nicht die Behörden verantwortlich: „Die Schulen schaffen sich ihr Recht selbst“, sagt Hans Stäcker vom Schulamt der Stadt Flensburg. Der Umgang werde in der Schulkonferenz beschlossen und in der Schulordnung festgeschrieben. Doch generell gelte: „Regeln zur Nutzung sind spannender als ein Verbot“, sagt Stäcker. Man müsse dorthin kommen, die neuen Medien und Technologien sinnvoll in den Schulalltag zu integrieren und Möglichkeiten einer effektiven Nutzung aufzuzeigen, gleichzeitig die Schüler aber auch auf die Gefahren hinweisen. Dazu gehören neben Cybermobbing und Datenschutzverletzungen auch das Suchtpotenzial neuer Medien und negative Auswirkungen auf die Sozialkompetenz wie auch den Lernerfolg der Kinder und Jugendlichen.
Doch die Schulleiter sehen auch die Eltern in der Pflicht: „Wir sind alle verantwortlich“, sagt Anja Grabowsky, Leiterin des Friedrich-Schiller-Gymnasiums in Preetz (Kreis Plön). Und Eltern bräuchten manchmal „Mut zu unbequemen Entscheidungen“. Wenn die Kinder ständig unausgeschlafen seien, weil sie über Whatsapp und Co. rund um die Uhr erreichbar sind, müssten sie eingreifen – und auch die eigenen Gewohnheiten auf die Probe stellen, die sie den Kindern vorleben.
Doch nicht nur die Müdigkeit vom nächtlichen Chat und Spielmarathon am PC wirke sich negativ auf die Leistungen der Schüler aus, sagt Grabowsky. „Die Macht der Bilder ist so groß, dass Lernergebnisse überlagert werden“, erklärt sie. „Wir müssen die Welt begreifen, erfahren, anfassen“, stimmt Siegmon zu. „Wir lernen sonst nicht so nachhaltig.“ Doch richtig angewendet könnten Smartphone und Co. erfolgreich in die Lernprozesse integriert werden – mit konkreten Aufgaben oder Experimenten: „Irre, was man alles machen kann, wenn man die Technik richtig nutzt“, findet Siegmon. Doch das müssten die Schüler häufig erst lernen. Außerdem könne es manchmal viel interessanter sein zu verstehen, wie die Technik wirklich funktioniert, sagt er – zum Beispiel: „indem man einen C64 auseinanderbaut.“ Anja Christiansen