Flensburger Tageblatt: Lehrer in der Warteschleife
Verbände fordern bessere Bedingungen für Pädagogen mit immer wieder neu befristeten Verträgen. Das Ministerium reagiert mit einem Konzept – sogenannte „kw-Stellen“ sollen geschaffen werden.
Kiel | Lehrer in Schleswig-Holstein müssen sich noch immer häufig mit befristeten Stellen zufrieden geben. Zahlen aus dem aktuellen Schuljahr zeigen, dass sich der Höchststand von Juni 2013 bisher lediglich um 0,1 Prozent auf 1507 befristete Stellen verringert hat (Stand Oktober 2013). Trotz eines leichten Rückgangs blicken Lehrerverbände der Situation weiter mit Sorge entgegen. Das Ministerium legte dazu im Dezember ein Konzept vor
„Für die Lehrkräfte sind diese Verträge natürlich alles andere als befriedigend“, sagt Jens Finger, Sprecher des Philologenverbands. Keine Planungssicherheit und keine Kontinuität – das sei eine Entwicklung zum Unwohl aller Beteiligten. Die Lehrkräfte müssten von Ort zu Ort springen und sich auf neue Umgebungen einstellen, und auch für die Schüler sei ein häufiger Lehrerwechsel nicht wünschenswert. Der Verband fordere deshalb schon seit Jahren vom Ministerium, ein langfristiges Konzept zu erstellen. „Es muss genau geschaut werden, wer wann geht und wie viele Bewerber nachkommen“, so Finger.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert bessere Bedingungen, besonders für junge Lehrer, die es mit den befristeten Verträgen am häufigsten treffe. Natürlich gebe es sachliche Gründe für diese Form der Anstellung, wie zum Beispiel Vertretung in der Elternzeit, beim Sabbatjahr oder bei einer längeren Erkrankung. „Doch die fünfte Befristung hintereinander – das ist auf keinen Fall in Ordnung“, sagte GEW-Geschäftsführer Bernd Schauer. Ihm seien mehrere solcher Fälle bekannt.
Das Ministerium habe dieses Problem lange vor sich hergeschoben, inzwischen stehe es aber auf der Agenda. Man habe das Problem erkannt und auch die Tatsache, dass man durch solche Bedingungen qualifizierte Kräfte an andere Bundesländer verlieren kann, so Schauer. Jetzt müsse man alle Möglichkeiten ausschöpfen, um solche Abwanderungen zu verhindern.
Das Ministerium legte dazu im Dezember ein Konzept vor. Als eine Maßnahme wird die Schaffung von sogenannten „kw-Stellen“ (künftig wegfallende Stellen) genannt. 200 solcher Stellen wurden zum 1. Januar in den Haushalt eingestellt. Diese sollen hauptsächlich von Nachwuchskräften übernommen werden, die bisher nur Zeitverträge bekommen hätten. Sobald dann eine Stelle – zum Beispiel durch eine Pensionierung – frei werde, gebe es einen unbefristeten Vertrag, erklärt die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Anke Erdmann (Bündnis 90/Grüne). Diese Stellen können eine Art Überbrückungsfunktion erfüllen, bis andere Planstellen wieder verfügbar seien. Für die frei gewordenen kw-Stellen könne dann wieder jemand nachrücken.
Ziel sei es so, den qualifizierten Nachwuchslehrern eine Perspektive zu bieten. Besonders Lehrer mit Mangelfächern sollen dabei ans Bundesland gebunden werden: „Die brauchen wir und wollen sie natürlich bei uns halten“, so Erdmann. Auch dem Unterrichtsausfall könne durch die neuen Stellen vorgebeugt werden. Finanziert werden die 200 kw-Stellen aus dem Vertretungsfonds und neun Millionen Euro aus zusätzlichen Zensusmitteln.
Inwieweit das Konzept tatsächlich dem Trend entgegen wirke, werde man im Sommer sehen. Die ersten kw-Stellen können seit Anfang Januar besetzt werden. Zum Schulhalbjahreswechsel am 1. Februar hofft das Kultusministerium, alle Stellen besetzt zu haben. Die derzeit laufenden Ausschreibungsverfahren erfreuen sich bereits hohen Zuspruchs. So haben sich auf eine Ausschreibung in Neumünster bereits 40 Lehrkräfte beworben, heißt es aus dem Kultusministerium. „Ich wäre sehr froh, wenn wir so eine Trendumkehr schaffen“, sagte Erdmann.