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MRZ
2014

Flensburger Tageblatt: Gnadenfrist für die Schulsozialarbeit

Flensburger Tageblatt (19.03.2014)

Finanzierung im Kreis ist vorübergehend gesichert – wie es aber nach 2015 weitergehen wird, ist unklar

Schleswig Wie geht es weiter mit der Schulsozialarbeit? Einerseits wird sie inzwischen von allen Schulträgern im Kreis als unverzichtbar eingestuft, andererseits lief die Bundesförderung für die Einrichtung von Sozialarbeiterstellen Ende 2013 nach drei Jahren aus. Und weil bei weitem nicht alle Schulträger finanziell auf Rosen gebettet sind, herrscht vielerorts Verunsicherung, wie lange die Unterstützung von Schule, Schülern und Eltern noch gewährt werden kann. Einen kleinen Lichtblick liefert jetzt der Kreis. Bisher nicht abgerufene Fördermittel werden nicht an den Bund zurück überwiesen, sondern für die Schulsozialarbeit im Schuljahr 2014/15 eingesetzt.

Es geht um eine Summe von rund einer Million Euro. Dabei handelt es sich um nicht beanspruchtes Geld aus dem Bereich Bildung und Teilhabe aus dem Jahr 2011, aber auch um nicht in Anspruch genommene Zuschüsse für Sozialarbeit an Schulen aus den vergangenen drei Jahren. Mit seiner Entscheidung, das Geld für die Schulsozialarbeit im kommenden Schuljahr freizugeben, nutzt der Sozialausschuss des Kreistags eine Option, die das Land den Kreisen eröffnet hat, um die Schulträger zu entlasten. Die können nach Angaben des Kreises davon ausgehen, dass sich die Mittelzuweisung in etwa in bisher gewährter Höhe bewegen wird.

„Kinder und Jugendliche nehmen ihre Probleme zunehmend mit in den Unterricht. Die Schulsozialarbeit wird deshalb immer wichtiger“, sagt Landrat Wolfgang Buschmann. Das beobachten auch die Schulen. „Durch die gesellschaftlichen Entwicklungen ist die Schulsozialarbeit unverzichtbar“, sagt beispielsweise Rolf Lausen, Schulleiter der Heinrich-Andresen-Schule in Sterup. „Kinder brauchen heute mehr Orientierung.“ Aus seiner Sicht ist die Etablierung der Schulsozialarbeit der erste Schritt zur Angleichung des Schulsystems an das der skandinavischen Nachbarn wie Finnland und Dänemark. „Bei denen gehört die Sozialarbeit zur Grundausstattung.“

An der Heinrich-Andresen-Schule wird in der Sozialarbeit viel Wert darauf gelegt, dass nicht der Einzelne mit seinen Problemen betrachtet wird, sondern immer im Kontext der Gruppe. Deshalb arbeiten zwei Motopädagogen mit ganzen Klassen, in denen gruppendynamische Prozesse angeregt werden. „Dadurch finden sich die Klassenverbände viel schneller und die Schüler gehen kooperativer miteinander um“, so Lausen. Für dieses Konzept („Klasse in Bewegung“) gibt es nach Angaben des Schulleiters viele positive Rückmeldung sowohl von Lehrern und Schülern als auch von Eltern.

Und Lausen würde diese Form der Schulsozialarbeit gern über 2015 hinaus fortführen. Deshalb wartet er gespannt auf die nächste Sitzung des Schulverbandes am 31. März, auf der erste Weichenstellungen für die Zukunft möglich wären. „Meine Prognose ist“, sagt Lausen, „dass es bei uns nach 2015 weitergehen wird“.

Das hofft auch Schulrätin Sybille Pahlke, zuständig für die vom Land bezuschusste Schulsozialarbeit an Grundschulen, an der zurzeit 17 Einrichtungen partizipieren. Im laufenden Schuljahr konnte sie 315 000 Euro an die Schulen verteilen, für das kommende Jahr erwartet sie nicht weniger Geld. Dennoch sieht sie die Zukunft der Schulsozialarbeit aufgrund der nach 2015 unsicheren Finanzierung gefährdet. „Viele Schulträger können es sich nicht leisten, die Sozialarbeit ohne Bundesmittel zu finanzieren“, weiß sie. Entsprechendes hätten die Träger bereits ans Bildungsministerium geschrieben. „Deren Sorge“, sagt die Schulrätin, „ist berechtigt“.Hannes Harding

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